Christof Grüger • Freischaffender Künstler im architekturbezogenen Bereich

Bleiglasfenster, Kupferplastik und Wandmosaik St. Marien-Kirche (1960/61, 1971/72)

Diese umfassende Gestaltung eines Innenraumes unter Einbeziehung verschiedenster Materialien (Glas, Mosaik, Metall) einschließlich Farbgestaltung der Wände stellt den Beginn der gesamtheitlichen Gestaltung sakraler Räume durch Christof Grüger dar.

Unter der Ägide von Pfarrer Stettner wurden zuerst die Fenster gestaltet (realisiert durch Fa. Müller, Quedlinburg), wobei bei Auftragsvergabe bereits festgelegt wurde, dass das mittlere Chorfenster im Zuge der Liturgiereform verschlossen und stattdessen die beiden seitlichen Fenster verlängert werden sollten.
Thema der Fenster ist der „Lobgesang der Schöpfung“, wobei sich im Chor die, mit der Natur gleichzusetzende, „vernunftlose“ Schöpfung und die durch den Menschen repräsentierte „vernunftbegabte“ Schöpfung gegenüber stehen.
In der „vernunftlosen Schöpfung“ entwickeln sich aus der Zone der Atome, Moleküle, Kristalle und Radiolarien ein Schwarm Augentierchen und die von Grüger erfundene „Urpflanze“. Die folgende Teilung in Pflanzen- und Tierwelt zeigt eine sich parallel entwickelnde Differenzierung auf – einkeimblättrige Pflanzen / Ammonschnecke, Libelle; den Ähren stehen Fische gegenüber (eine Assoziation der Speisung der Fünftausend). Der Schwan als Vogel und Sternbild und damit Symbol für das Himmelsgewölbe leitet über zu den Säugetieren, vertreten durch die Darstellung der Evangelistensymbole Stier und Löwe.
Die „vernunftbegabte Schöpfung“ (Südostseite) ist in der Abbildung von Menschen und Heiligen mit 12 der 24 Ältesten wiedergegeben, in Begleitung von Engeln mit apokalyptischen Attributen, darüber die Erzengel und ganz oben die Seraphim, sich vor der Strahlenkraft Gottes verhüllend.
Die Seitenfenster des Kirchenschiffs führen in abstrakten Kristallisationsformen (Darstellung von Natriumsulfat als übersättigter Lösung) als „gestaltlose“ Schöpfung auf die „Gestaltwerdung“ in den Chorfenstern hin. Während die Verglasungen der lanzettbogigen Fensterbahnen der Seitenfenster im Prinzip gleich gestaltet sind, zeigen die darüberliegenden Rundfenster Variationen in der Anordnung der aus dem Kristallisationsprozess entstandenen Winkelstellungen. Durch Spiegelung entstehen Formen wie der Rhombus, Symbol der Mandorla, oder es entstehen Dreiecke, Symbol der Trinität, aber auch mit zunehmender Durchdringung der Davidsstern.

     

Zentraler Blickfang im Chor ist die 1962 entstandene Kupfer-Plastik „Der große Wiederkehrende“ - durch Positiv-Negativgestaltung als Erscheinung in den Raum geformt, „eigene Dimension und Grenzfläche zwischen zwei Welten“ – so die Formulierung des Künstlers.

Auf Vorschlag von Pfarrer Kraning sollte die Ausgestaltung der Kirche mit einem Marienthema vervollständigt werden und so schuf Christof Grüger 1971/72 noch ein Wandmosaik unter dem Titel „Maria- Mater- Materia“, welches die Vision der „sonnenbekleideten“ Frau aus der Offenbarung Johannis verkörpert gegenüber der Fleischwerdung in Form einer unterhalb des Mosaiks aufgestellten Marienskulptur aus Holz.


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